Die therapeutische Methode NARM wurde von Dr. Laurence Heller entwickelt. Sie enthält sämtliches Wissen, das wir bis heute über Entwicklungstrauma haben.

N steht für „neuronal“ und bedeutet, dass Veränderungen im Nervensystem bei traumatischen Ereignissen von entscheidender Bedeutung sind. Diese Ereignisse setzen sich, vereinfacht ausgedrückt, im Nervensystem fest und wirken von dort aus weiter. Bei der Auflösung von Entwicklungstrauma muss daher auch das neuronale System berücksichtigt werden. Hier spielen besonders der Vagusnerv, der größte Nervenstrang im Körper, und die Polyvagaltheorie von Dr. Steven Porges, eine große Rolle. Positive Veränderungen im Nervensystem machen sich zum Beispiel durch einen erweiterten Brustraum oder eine angenehme Wärme im Bauchraum bemerkbar und zeigen dem*der Therapeut*in, dass gerade eine Auflösung von Trauma stattfindet. 

A steht für „affektiv“ und deutet auf das emotionale Erleben bei der Anwendung der NARM-Methode hin. Entwicklungstrauma entsteht in sehr frühen Jahren, teilweise sogar vor der Geburt. Das Kind konnte damals mit belastenden Emotionen noch nicht angemessen umgehen, außer sie zu verdrängen. Diese verdrängten Emotionen sind bis heute nicht abgeschlossen, konnten nicht zu Ende gefühlt werden. Hier kommt das emotionale Erleben bei NARM ins Spiel, und zwar in Form der sogenannten emotionalen Vervollständigung. Zum Zeitpunkt des Traumas konnte das Kind sein Selbstbild nicht gedanklich entwickeln, da das Gehirn noch nicht in der Lage dazu war. Stattdessen entstand ein Gefühl; zum Beispiel das Gefühl, nicht wirklich willkommen zu sein. Das Kind spürte etwas, das dann regelrecht zu einem Lebensgefühl wurde. Dieses Gefühl lässt sich nicht einfach durch neues Denken verändern. Es ist im emotionalen Gedächtnis gespeichert. In der Therapie geht es darum, die alten verdrängten, aber noch gespeicherten und damit wirksamen Emotionen behutsam ans Licht zu bringen und einen Umgang mit ihnen zu finden.

R, das eigentlich B für „Beziehung“ (relational) sein müsste, ist ein weiteres wichtiges Element der NARM-Methode. Entwicklungstrauma entsteht durch oder in Beziehung. Entweder gab es zu viel oder zu wenig Nähe oder Beziehung fehlte komplett. In der Therapie geht es darum, dass der*die Klient*in eine gesunde und nährende, ermutigende, wertschätzende und unterstützende Beziehung mit dem*der Therapeut*in erlebt. Dadurch allein kann es bereits zu Veränderungen im neuronalen System kommen. Einige Klient*innen machen diese Erfahrung zum ersten Mal in ihrem Leben in der Therapie: Sie erfahren ein Gegenüber, das sie ernst und wichtig nimmt und absolut unvoreingenommen ist.

Das M bei NARM steht für „Modell“.

Was macht NARM aus?

Die NARM® Methode: Wie frühkindliche negative Bindungserfahrungen und Traumata in der Praxis aufgelöst werden können.
Eine der wichtigen Erkenntnisse zur Heilung von Entwicklungstraumata ist, dass der Mensch von Natur aus danach strebt, in Verbindung zu sein. In Verbindung mit sich selbst, seinem inneren Kern, seinem Wesen, seiner Natur und gleichzeitig in Verbindung mit anderen Menschen und der Welt. Wenn wir uns in diesem Zustand der Verbindung befinden, sind wir bei uns selbst angekommen, erleben unser Sein als sinnvoll und befriedigend, haben Lebensfreude und Lebensenergie. Dann sind wir fähig, echte Kontakte und Beziehungen mit anderen einzugehen. In den frühen Phasen unseres Lebens haben wir uns jedoch von dieser Verbindung, insbesondere von der Verbindung zu unserem Selbst – unserem eigentlichen Wesen – abgeschnitten, um uns unserer Umwelt, beispielsweise der Familie, in der wir aufwuchsen, anzupassen.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Aus verschiedenen Gründen konnten die Eltern ihrem Kind nicht genügend Aufmerksamkeit schenken. Das Bedürfnis des Kleinkindes nach Zuwendung blieb weitgehend unerfüllt. Das kleine Kind erlebte die Welt dann so, als hätte es keinen Anspruch auf Beachtung oder einen hohen Stellenwert in der Familie. Die Reaktion des Kindes war dann, sich selbst diese Ansprüche zu verwehren, um anderen nicht zur Last zu fallen, und sich in sich selbst zurückzuziehen. Frappierender ist jedoch, dass das Kind das Lebensgefühl entwickelte: „Ich habe es nicht verdient, Zuwendung zu bekommen.“ Im Erwachsenenalter äußert sich dies beispielsweise in dem Glaubenssatz: „Ich muss mich anstrengen, um für andere wertvoll zu sein und das Recht zu haben, hier zu sein.“ Diesen Glaubenssatz und eine unbewusste Anpassung daran setzen viele Menschen bis ins Erwachsenenalter fort und betrachten es fälschlicherweise als ihre Persönlichkeit. Das wahre Selbst dieses Menschen, ohne diese Anpassungsstrategie, würde hingegen sagen: „Schaut her, hier bin ich, ich verdiene Zuwendung.“

Dieser inneren Haltung stehen jedoch die früh entwickelten Anpassungsstrategien und Glaubenssätze im Weg. Bei NARM geht es darum, genau diese Blockaden zu erkennen und zu bearbeiten, damit der Weg zur Selbstentfaltung frei wird. Die verzerrte Eigenwahrnehmung à la „Ich habe es nicht verdient, Zuwendung zu bekommen“ ist mit Sicherheit nicht das gesunde Selbst und wird im Rahmen der Therapie bearbeitet. Es ist wichtig anzuerkennen, dass dieser Anpassungsprozess in der Kindheit sinnvoll und vielleicht der einzige Weg war, auf die äußeren Umstände zu reagieren. Dies geschah natürlich intuitiv und unbewusst und dennoch war es eine Reaktion auf etwas. Es war nicht angeboren, sondern hat sich entwickelt, und da es als Reaktion entstanden ist, lässt es sich heute verändern. Diese Perspektive bietet Chancen für Veränderung.

Die beschriebene Anpassung von früher ist im Übrigen ein Prozess, der heute Wertschätzung verdient hat. Die Anpassung war sinnvoll und gut, und der einzige Weg, der dem hilflosen kleinen Wesen zur Verfügung stand. Wenn man in der Therapie mit dieser Wertschätzung auf sich selbst, auf das eigene Muster schaut, ist das ein Stück „Frieden machen mit sich selbst“. Mit dieser Haltung ist der Weg für Veränderung geöffnet. Das bedeutet, sich nicht dafür abzuwerten, dass man so ist, wie man ist, sondern das Geschehene anzuerkennen und die Anpassungsleistung zu würdigen mit einem liebevollen Blick auf sich selbst.

Es geht in der Therapie weniger um die damaligen Ereignisse, die die traumatische Erfahrung ausgelöst haben, sondern darum, wie das frühere Muster auch heute im Erwachsenenalter noch aktiv ist und unbewusst fortgesetzt wird. Das betroffene Kind war damals schwierigen Situationen ausgeliefert und musste nach Wegen suchen, damit umzugehen. Mitunter geschah das bereits vor der Geburt. Es war eine Anpassung an äußere Umstände, und diese Anpassung ist heute nicht mehr nötig. Trotzdem setzen wir sie unbewusst fort. Das Kleinkind macht schon früh Erfahrungen und reagiert mit Gefühlen und Erlebnisweisen darauf. Wenn sich diese Erfahrungen wiederholen, entsteht daraus das Lebensgefühl des Kindes. Ein Lebensgefühl davon, welchen Stellenwert es hat und wie die Welt funktioniert.

Ein Beispiel dafür ist die Verinnerlichung des Satzes „Ich darf keine Bedürfnisse haben.“ Dieses Lebensgefühl, das sich tief im Körper und den Emotionen manifestiert hat, macht die frühen Erfahrungen enorm wirkmächtig, und alle folgenden Erfahrungen werden durch diese ‚frühe Brille‘ gesehen und interpretiert und begleiten den Betroffenen bis heute. Wenn es jedoch gelingt, diese frühe Anpassung und Abspaltung von den eigenen Kernbedürfnissen aufzulösen und die abgespaltenen Teile zu integrieren, wird der Zugang zu den eigenen Potenzialen, Energien und zur eigenen Lebendigkeit wieder frei.

Verständlicherweise haben viele Klient*innen den Wunsch und die Vorstellung, endlich herauszufinden, was genau in der Kindheit schiefgelaufen ist. Meistens, und das ist das Typische für diese frühen Prägungen, geht es gar nicht um das eine besonders auffällige Ereignis von damals. Vielmehr geht es um die wiederholten kleinen Signale, die wir als Kleinkinder erfahren und die unser Selbstbild geprägt haben; unser Bild davon, wer wir sind, welchen Stellenwert wir haben und ob wir wirklich willkommen sind. Hinzu kommt, dass die bedeutendsten Prägungen in einem Alter geschehen, in dem das Geschehene nicht bewusst wahrgenommen und später nicht mehr erinnert wird. Die ganz frühen Erfahrungen sind der Erinnerung nicht zugänglich. Sie sind aber im Empfinden, den Gefühlen, dem Nervensystem und im Körper gespeichert und wirken dort und prägen unser heutiges Verhalten. Alle frühen negativen Erfahrungen, die noch nicht ‚verdaut‘ worden sind, haben Auswirkungen auf das Hier und Jetzt. Um diese Auswirkungen geht es letztendlich, und an diesen können wir im Hier und Jetzt sehr gut arbeiten.

Als Kleinkinder entwickeln wir unbewusst bestimmte Sichtweisen, um zum Beispiel nicht ausgestoßen zu werden. Dahinter steckte die Angst, ausgeschlossen oder verlassen zu werden. Diese Angst ist auch heute noch im Körper vorhanden. Sie kann sich als ein merkwürdiges, unangenehmes Gefühl oder auch als innerer Widerstand bemerkbar machen und erklärt, warum wir oft (wider besseren Wissens) die ursprüngliche Anpassung und Identifizierung nicht aufgeben. Aus NARM-Sicht ist eine Aufarbeitung (wie u.a. in der analytischen Therapie) der Kindheit oder dessen, was Generationen davor geschah, nicht erforderlich. Streng genommen könnte dies sogar zu einer Retraumatisierung führen oder das negative Selbstbild stärken, weil im Fall einer Vergangenheitsbearbeitung das Körpergedächtnis reaktiviert und das alte Selbstbild neue Nahrung erhalten würde. Es geht bei NARM also nicht primär um die frühe Geschichte, sondern um die Selbst- und Weltbilder, die ein*e Klient*in daraus abgeleitet hat. Wenn die Bearbeitung von alten Erlebnissen in einer NARM-Sitzung hilfreich ist, könnte man den*die Klient*in zum Beispiel statt mit Ablehnung – da es ja mit Schmerz verbunden ist – mit Mitgefühl auf das kleine innere Kind von damals schauen lassen. Mit Mitgefühl auf das junge Selbst zu schauen, aber auch mit Stolz und Freude darüber, dass dieses Kleinkind trotz allem halbwegs gut durch die Erfahrungen gekommen ist, kann eine sehr heilsam sein. Dies ist ein sehr wichtiger Unterschied, da der*die Klient*in so aus dem „hier und jetzt“ auf die Verletzungen von früher schaut. Durch diesen feinen Unterschied, kann die Identifikation mit dem traumatisierten Anteil, damit auch eine Retraumatisierung vermieden werden und aus dem Erwachsen-Ich Mitgefühl für den eigenen Schmerz von damals entwickelt werden.

Die NARM® Methode: Wie frühkindliche negative Bindungserfahrungen und Traumata in der Praxis aufgelöst werden können.

Die beschriebenen Anpassungsmechanismen aus der Kindheit bestanden oft auch darin, sich gegen sich selbst zu entscheiden. Aus Sicht des Kindes kann das bedeuten zu glauben, dass es nicht mein Umfeld ist, mit dem etwas nicht stimmt, sondern dass mit mir etwas nicht stimmt und sich mein Umfeld daher auf eine bestimmte Art verhält. Ein Kleinkind geht immer davon aus, dass mit Erwachsenen alles in Ordnung sein muss. Im Umkehrschluss wird die Schuld bei sich selbst gesucht. Das Kind entscheidet sich also gegen sich selbst und die eigenen Kernbedürfnisse. Es spaltet diese von sich ab und damit auch die Aggression über das Geschehene, was negative Auswirkungen in späteren Lebensphasen haben kann. Diese Abspaltung kann sich auf vielerlei Weise zeigen. Nehmen wir als Beispiel einen Erwachsenen mit der Anpassungsstrategie „Ich gehöre nicht dazu, und wenn ich dazugehören will, muss ich mich sehr anstrengen. Ich darf mir keinen Raum nehmen und sollte möglichst unsichtbar sein.“ Menschen mit dieser frühen Prägung fühlen sich in Gesellschaft nicht besonders wohl. Eine weitere Anpassungsstrategie wäre: „Ich darf keine Bedürfnisse haben, ansonsten werde ich abgelehnt“ oder: „Vertrauen ist gefährlich, deshalb muss ich immer die Kontrolle und Macht haben.“ In der stärksten Ausprägung wäre das dann Narzissmus. Eine andere Anpassung ist: „Wenn ich authentisch bin, werde ich sicher abgelehnt.“ Daraus kann das Muster entstehen, sich selbst permanent hohen Druck und große Erwartungen aufzuerlegen. Eine letzte hier zu nennende Strategie wäre zum Beispiel: „Nur wenn ich die Nummer 1 bin, nur wenn ich besonders und großartig bin, bin ich liebenswert.“ Allen genannten Anpassungsstrategien gemeinsam ist eine hohe Anfälligkeit für Stress. Außerdem wirken einige dieser Identifikationen und Strategien massiv auf unsere Beziehungsfähigkeit. Wie viel schöner wäre das Leben, wie viel mehr Leichtigkeit gäbe es ohne diese Selbstbilder, ohne diese Identifikationen.

Leider ist das noch nicht das Ende der Auswirkungen von Trauma. Auf Basis dieser Selbstbilder entwickeln Menschen häufig weitere psychische und auch körperliche Symptome und Erkrankungen. Zum Beispiel können Depressionen, Ängste, Zwänge, Suchterkrankungen und Essstörungen die Folge sein. Auch auf körperlicher Ebene können eine Reihe von Beschwerden, wie zum Beispiel Verspannungen, Schmerzen, körperliche Missempfindung u.v.m. auftreten. Bei der Frage, wie ein Entwicklungstrauma entsteht, denken viele sofort an Dinge wie Missbrauch, Misshandlung, massive Vernachlässigung und ähnliches. Diese Vorkommnisse können natürlich erhebliche Auslöser für Trauma sein, aber sie bilden nur eine, und zwar die schwere Ecke des Spektrums möglicher Auslöser. Die vielen kleinen Vernachlässigungen eines Kindes, die fehlende Zuwendung, Abwertungen und vieles mehr sind ebenfalls Auslöser, wenn sie immer wieder geschehen. Man stelle sich vor, dass man immer wieder nicht beachtet wird, weil z. B. die Mutter unter enormem Zeitdruck steht und nicht die nötige Zuwendung geben kann. Dadurch entsteht leicht das Selbstbild „Ich bin es nicht wert“, „Ich bin nicht richtig“, „Ich muss mich hintenanstellen“, usw. Das Kind zieht sich den Schuh selbst an und wertet sich ab. Das ist aus Sicht des kleinen Wesens die einzig sinnvolle Deutung dessen, was geschieht. Die Bezugspersonen, erwachsene Menschen, sind aus Sicht des Kleinkindes über jeden Zweifel erhaben und den Auslöser für eine nicht-optimale Versorgung (z. B. die Überforderung eines Elternteils) zu erkennen, ist weder einem Säugling noch einem Kleinkind möglich. So bleibt nur die innere Erfahrung: „Ich werde abgelehnt, also muss ich falsch sein.“ Ein Selbstbild, mit dem viele Menschen ihr ganzes Leben lang unterwegs sind und das unbewusst dafür sorgt, dass genau das immer wieder und weiterhin geschieht.

Was kann man also tun, um ein Entwicklungstrauma zu heilen? Was ist der Kern dieser Arbeit? Es ist nicht so leicht, den Kern dieser Arbeit in wenigen Worten zu umreißen. Ich versuche jedoch, es aus meiner Sicht und Erfahrung darzustellen. Es geht unter anderem um das Erkennen und Auflösen von Identifikationen, Selbstbildern, Blockaden und Anpassungsstrategien. Es geht darum, all dies zu erkennen, Wirkungsweisen dieser Strategien und Glaubensmuster zu erforschen, einen neuen Blick darauf zu werfen, sich für neue Erfahrungen zu öffnen und diese dann auch im Körper und im gesamten inneren System zu erleben bzw. zu ‚verkörpern‘.

Die Bedeutung von Neugier in der NARM-Therapie

Die NARM® Methode: Wie frühkindliche negative Bindungserfahrungen und Traumata in der Praxis aufgelöst werden können.

Bei Traumaheilung geht es darum, wieder bei sich selbst anzukommen. Den Weg zu sich selbst zu finden und einen deutlich besseren Zugang, wo Autonomie und gleichzeitig in Verbindung sein zu anderen Menschen möglich ist. Neugier ist das wichtigste Werkzeug dieser Arbeit. Die Neugier des*der Therapeut*in, aber auch die Neugier des*der Klient*in; für sich selbst und für die inneren Erlebnisweisen, denn darin liegt oft ein wichtiger Schlüssel, die eigenen Anpassungsstrategien kennen zu lernen. In der Arbeit mit NARM geht es darum, sich selbst mithilfe eines Therapeuten zu erforschen. Die eigenen inneren Vorgänge, Erlebnisweisen und Emotionen in einer konkreten Situation zu erkunden. Denn meistens erzählen wir wortreich immer wieder die Geschichte, die wir erlebt haben, schnell und aufgeregt, ohne dabei wirklich mit uns selbst in Kontakt zu sein. Innehalten und auf das innere Erleben horchen, eröffnet uns mehr und mehr den Kontakt zu und die Verbindung mit uns selbst. Das ist bereits Heilung. Vielleicht ist das das Schönste, was uns passieren kann: in Kontakt sein mit uns selbst (nicht jemanden darstellen wollen, sondern wir selbst sein) und daraus eine Selbstverständlichkeit und Freude am Sein, Zuversicht, Selbstvertrauen, Präsenz und vieles mehr entwickeln. Oft haben wir uns genau davon abgeschnitten, von dieser inneren Verbindung mit uns selbst, weil wir meinten, dass das nicht hierhergehört oder abgelehnt wird.

Tief mit sich selbst in Kontakt gehen

Um mit sich selbst in Kontakt zu treten, ist ein weiteres wichtiges Werkzeug erforderlich: Langsamkeit und Verlangsamung. Im Alltag fliegen wir regelrecht über unser inneres Erleben hinweg und vermeiden damit den tiefen Kontakt mit uns selbst. Das hat einen guten Grund: Wir wollen diesen tiefen Kontakt vermeiden, da er oft auch mit unangenehmen Emotionen und Körperreaktionen einhergeht. Damit wird jedoch gleichzeitig die Chance auf Transformation und Heilung vermieden. Einige wichtige Prinzipien der Arbeit mit NARM sind also Neugier, Kontakt zu tiefen Gefühlswelten in uns sowie Langsamkeit und Verlangsamung.

Das mag sich ein wenig nach Achtsamkeit anhören. In der Arbeit mit Trauma ist besonders die somatische Achtsamkeit wichtig, die sich auf körperliche Empfindungen richtet. Aber es geht um mehr als Achtsamkeit. Es geht um das Erforschen. Aktives und neugieriges Erforschen, um neue Aspekte des inneren Erlebens zu erkennen. Dieses Erforschen ist auch deshalb wichtig, um sogenannte verzerrte Erlebnisweisen und Selbstbilder zu erkennen und neue Perspektiven auf sich selbst zu entdecken. Neugier ist für mich mehr als Achtsamkeit. Neugier richtet sich auch auf das, was gerade nicht da ist, nicht sichtbar ist und vermieden wird.

Verzerrungen vs. Selbstwirksamkeit

Die NARM® Methode: Wie frühkindliche negative Bindungserfahrungen und Traumata in der Praxis aufgelöst werden können.

In der Traumatherapie ist es von Bedeutung, die eigene Selbstwirksamkeit (engl. agency) zu erkennen. Damit ist der Teil gemeint, den man selbst dazu beiträgt, damit immer wieder das passiert, was man als Automatismus erlebt und eigentlich nicht möchte.

Wie bereits beschrieben, erleben Klient*innen gegenwärtige Situationen oft durch die Brille der Vergangenheit und aktivieren damit die im Körper und emotional abgespeicherten Erfahrungen von damals und damit auch die Reaktion auf das heutige Ereignis. Jetzt darf es aber darum gehen, diese Prozesse zu erforschen und aufzulösen. Selbstwirksamkeit ist ein weiteres sehr wichtiges Werkzeug der NARM-Methode. 

Selbstwirksamkeit bedeutet das Erkennen von dem, was man selbst zu dem aktuellen Problem beiträgt – denn darauf hat man Einfluss. Das verzerrte Selbstbild und die verzerrte Sicht auf die Welt sind eine subjektive Brille. Eine Brille, die wir seit langer Zeit tragen und durch die wir seit dem traumatischen Erlebnis alles, was neu geschieht, anschauen und gestalten. Je nach Prägung ist es eine rosarote Brille oder eher eine dunklere Brille. Im Fall von Trauma ist es leider oft eine etwas düstere Brille, und es geht bei der Bearbeitung der frühen Traumatisierungen und Prägungen darum, diese Brille nach und nach abzulegen bzw. zunächst zu erkennen, dass wir uns diese Brille selbst bewusst und unbewusst immer wieder aufsetzen. Die verzerrten Wahrnehmungen heute zu entzerren – das ist Selbstwirksamkeit und ein ganz wichtiger Schritt heraus aus dem Gefühl, ein Opfer der Umstände zu sein. In der Therapie geht es darum, sich diese neue Sichtweise nicht nur bewusst zu machen, sondern diese dann im Körper, den Emotionen und dem Nervensystem anzukommen zu lassen. Das Neue wird damit ‚verkörpert‘. Dadurch entsteht nicht nur eine neue Sicht auf die Welt, sondern auch ein anderes inneres Erleben, ein neuer Automatismus, statt kognitiver gedanklicher Arbeit.

Warum Verkörperung?

Nicht nur die kognitive Verarbeitung, sondern auch die Verkörperung (engl. embodiment) spielt eine große Rolle bei der Traumaverarbeitung, denn im Körper ist das Alte (die Köpererinnerungen) gespeichert. Die Auflösung des Alten geschieht also auf körperlicher und emotionaler Ebene. Damit neue (körperliche und emotionale) Erfahrungen verinnerlicht werden können, müssen diese in die alten Schichten eingehen. Alte traumatische Energie kann sich so auflösen und Neues entstehen.

Das klingt vielleicht einfach; ganz so einfach läuft es meist jedoch nicht. Häufig treten innere Widerstände auf. Wir alle wollen uns von unseren Mustern trennen, die uns im Alltag im Weg stehen und unser Leben schwer machen, und gleichzeitig ist genau das unsere größte Angst. Bei NARM geht es immer auch um diesen Kernkonflikt. Dieser Konflikt entsteht, wenn Kinder in einem Umfeld aufwachsen, in dem die für die Entwicklung relevanten Bedürfnisse, einerseits nach Bindung und andererseits nach Autonomie, nicht ausreichend genährt wurden. Dadurch geschieht eine Trennung oder Spaltung innerhalb des Kindes und damit die schmerzvolle Entscheidung entweder für ein im-Kontakt-sein mit sich selbst und den eigenen Bedürfnissen oder für eine Aufgabe dieser Bedürfnisse, um in Kontakt zu bleiben mit den Bezugspersonen. Wenn mit diesem Kernkonflikt nicht gearbeitet wird, kann es zu keiner echten Veränderung kommen. Diese Arbeit mit dem Kernkonflikt ist vermutlich der wichtigste Teil in NARM, der in vielen anderen Therapien leider vernachlässigt wird. 

Die Arbeit mit inneren Anteilen

Zum Thema Selbstwirksamkeit möchte ich eine weitere Besonderheit von NARM anbringen. Viele kennen vielleicht die Konzepte des*der inneren Kritiker*in, des*der inneren Saboteur*in oder sonstiger mächtiger Instanzen. Durch das Denken in diesen Konzepten befinden sich manche Klient*innen schon in der Falle der Ohnmacht. Denn diese ‚Zombies‘ können unser Leben bestimmten und immer wieder auf dem Plan erscheinen. In NARM haben wir eine andere Betrachtungsweise: Hier gibt es keine*n innere*n mächtige*n Saboteur*in. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass wir uns diese negativen Dinge selbst sagen. Das ist eine wichtige Erkenntnis und ein Schritt in die Selbstwirksamkeit: Wir machen (die inneren negativen, zwanghaften Dialoge) es selbst, nicht irgendein*e böse*r Saboteur*in. Wichtiger aber noch ist die Erkenntnis, dass wir uns diese Dinge früher als Kinder sagen mussten, um im Familiensystem zu überleben. Diese als negative Kraft erlebten eigenen Einflüsterungen sind nicht gegen uns selbst gerichtet, sondern sie haben uns geholfen, uns gerettet. Diese Perspektive lässt einen viel freundlicheren Blick auf das Geschehene zu. Es hat uns gerettet. Es war nicht unser Feind. Heute aber brauchen wir uns diese Dinge nicht mehr einzureden. Die Gefahr ist längst vorbei, und wir können unseren Frieden mit den alten Mustern machen.

Traumaheilung braucht Zeit

Der Prozess der Heilung, der Verkörperung, geschieht oft in kleinsten Stücken, in Millimetern, könnte man meinen. Veränderungen der emotionalen Befindlichkeit und im Körper benötigen sehr viel Zeit. Dem trägt NARM Rechnung, durch Verlangsamung und oft auch durch Stille. Es braucht auch Zeit, die oftmals entstandenen Widerstände gegenüber den Neuerungen zu erkennen und damit im therapeutischen Prozess voranzukommen. Es ist ein Voranschreiten von Moment zu Moment, und jeder Moment kann ein Moment der Heilung sein. Ein Moment des mehr-in-Kontakt-Kommens mit sich selbst. Dies ist ein tiefgehender Prozess in die körperliche und emotionale Tiefe im Hier und Jetzt. So kommen wir uns mehr und mehr auf die Fährte und erkennen, wo und wie wir uns von unseren Bedürfnissen abschneiden. Dieses Abgeschnittensein von sich selbst kann mit der Zeit zu unterschiedlichen psychischen und psychosomatischen Symptomen führen. Wenn ein Mensch nicht wirklich gut mit seinem Wesen in Verbindung ist, fühlt er*sie sich oft einsam, unzufrieden, hoffnungslos und innerlich leer. Als Kind aber gab es nur den Weg, sich selbst ein Stück weit aufzugeben, um dazuzugehören. Heute im Erwachsenenalter können wir mit anderen Erwachsenen in den Austausch gehen, unsere Wünsche offen ansprechen, Kompromisse eingehen und sagen, wenn uns etwas stört. Das tun viele im Alltag aber nicht oder zu selten, weil es sich trotz besserer Einsicht irgendwie schlecht anfühlt. Da ist eine Blockade, und genau da wirkt das Entwicklungstrauma. Die alte Emotion aus der Kindheit wird spürbar.

Körper und Emotionen in das therapeutische Gespräch einbeziehen

Klient*innen, die sich für eine körperorientierte Psychotherapie entscheiden, fragen immer mal wieder, wie bei einer Gesprächstherapie der Körper einbezogen wird. Ich antworte dann gern mit einer Gegenfrage: Löst nicht jede Begegnung von Mensch zu Mensch, besonders auch das Gespräch, Emotionen aus, und werden nicht in jedem Gespräch Körperreaktionen sichtbar? Körpersprache, Körper und Emotionen sind immer mit ihren ganz besonderen Ausdrucksformen präsent. Auch, wenn nicht direkt über Emotionen geredet wird, sind die Emotionen und der Körper stets präsent und spürbar in einer Begegnung. Das therapeutische Gespräch ist eine besondere Form des Gesprächs. Es ist ein Gespräch mit wenigen Worten, in dem Verlangsamung herrscht, und hierdurch entsteht genügend Zeit, um körperlichen und emotionalen Reaktionen Raum und Beachtung zu geben.

Oft entsteht dabei auch Stille, und in diesen Phasen der Stille geschieht besonders auf körperlicher und emotionaler Ebene viel. Außerdem kommt das Gehirn dadurch oft auf neue, zusätzliche Perspektiven und erkennt neue Details. Ein weiterer wichtiger Aspekt von NARM ist, dass im Gespräch Augenkontakt entsteht, und dieser ist für den Heilungsprozess sehr bedeutend. Die Augen ermöglichen sowohl dem*der Therapeut*in als auch dem*der Klient*in Orientierung und vor allem Verbindung. Augenkontakt war für das Kleinkind sehr wichtig war. Es ist sogar möglich, dass fehlender Augenkontakt das Entwicklungstrauma erst aktiviert hat. Im Gespräch kann es nun zu verbindendem Augenkontakt kommen. Ein sehr bedeutender Vorgang, der Vertrauen schafft.

Klient*in und Therapeut*in: Begegnung auf Augenhöhe

Die NARM® Methode: Wie frühkindliche negative Bindungserfahrungen und Traumata in der Praxis aufgelöst werden können.

Obwohl eine NARM-Sitzung ein therapeutisches Gespräch ist, geschieht die Begegnung zwischen Therapeut*in und Klient*in auf Augenhöhe. Der*die Therapeut*in versteht sich nicht als allwissend, insbesondere nicht hinsichtlich des inneren Erlebens der Klient*innen. Er*Sie leitet die Klient*innen an, das eigene innere Erleben zu erkunden – Denken, körperliche Reaktionen und emotionale Vorgänge. Der Körper ist dabei ein wichtiger Informationslieferant, da er dem*der Therapeut*in zeigt, dass etwas Emotionales geschieht. Dies spiegelt der*die Therapeut*in dem*der Klient*in, und diese*r gibt dem Ganzen dann eine eigene Bedeutung. Eine weitere Besonderheit von NARM besteht darin, dass der*die Therapeut*in Interpretationen vermeidet, im Unterschied zu einigen anderen Therapiemethoden und aus Respekt gegenüber den Klient*innen. Außerdem geht es bei NARM darum, dass der*die Therapeut*in, angepasst an die einzelnen Klient*innen und deren momentane Situation, die hilfreiche Ebene (Gedanken oder Emotion) in den Vordergrund stellt. Manchmal ist es sinnvoll, auf der Ebene des Denkens zu arbeiten, wenn eine Arbeit auf Ebene der Emotionen zu belastend und überflutend ist. Manchmal kann es störend sein, auf Ebene des Denkens zu arbeiten, wenn z. B. die Vermutung naheliegt, dass der*die Klient*in durch eine zu ausführliche Erzählung unbewusst das tiefe innere Erleben vermeidet. Im therapeutischen Gespräch geht es darum, wahrzunehmen, was sich beim Erzählen der Geschichte im inneren Erleben tut. Denn dort zeigen sich oft die tief verwurzelten Entwicklungstraumata und Nachwirkungen der frühen Erlebnisse.

Therapie im Hier und Jetzt​

Im NARM wird die Vergangenheit nicht ausgeblendet. NARM-Therapeut*innen arbeiten sehr gegenwartsorientiert, da sie davon ausgehen, dass alte Erlebnisse auch im Hier und Jetzt wirken. Wenn es im Hier und Jetzt zu einer Auflösung und Loslösung von schädigenden Selbstbildern und Sichtweisen kommt, wird auch rückwirkend das alte Trauma von damals aufgelöst. Wenn du als Klient*in in der Therapie eine neue Erfahrung in der Begegnung, im Kontakt, machst oder eine neue Sichtweise auf ein Ereignis hast, werden deine inneren Erlebensweisen verändert, und dein Körpergedächtnis speichert etwas Neues ab. Die alte Geschichte verändert sich durch die Therapieerfahrung nicht, wohl aber das, was der*die Klient*in über sich und die Welt mitgenommen hat. Durch diese neuen heilsamen Erfahrung verändert sich oft auch die Sicht auf die frühen traumatischen Erlebnisse. Eventuell kommen neue Aspekte zur damaligen Geschichte hoch, die das Ganze in einem anderen, schöneren Licht erscheinen lassen. Auch das können magische Momente in einer Sitzung sein – neue Sichtweisen auf Vergangenes, die die damalige Verletzung heilen und sehr berührende Momente in der Therapie sind.

Die Rolle der Therapeut*innen

Die NARM® Methode: Wie frühkindliche negative Bindungserfahrungen und Traumata in der Praxis aufgelöst werden können.

Die Therapeut*innenrolle ist ein weiterer wichtiger Aspekt bei NARM. Therapeutische Methoden, bei denen ein*e Therapeut*in etwas an oder mit den Klient*innen ‚macht‘, bieten nicht die beschriebene zwischenmenschliche Verbindung auf Augenhöhe. Wenn ein*e Therapeut*in genau weiß, oder besser gesagt glaubt zu wissen, welche Methode angewendet werden muss, um einem*r Klient*in zu helfen, fällt die wichtige Begegnung auf Augenhöhe sowie das besprochene „neugierige gemeinsame Erkunden“ weg. Dann gibt es einen wissenden aktiven Part auf therapeutischer Seite und die Person, an der etwas ‚gemacht‘ wird. Die Parteien befinden sich in dieser Dynamik nicht auf Augenhöhe. Beim Gespräch, wie wir es in NARM praktizieren, treffen hingegen zwei Menschen aufeinander und durch eine wertschätzende und nicht wertende Neugier und Offenheit auf Therapeut*innenseite entwickeln die Klient*innen eine immer größer werdende Wertschätzung und Offenheit mit sich selbst, eine Anerkennung ihres Lebensweges, ihrer Muster, ihres inneren Erlebens und ihrer Emotionen – ein sehr heilsamer Prozess. Genau diese Verbindung mit dem Gegenüber, einem mitfühlenden, emphatischen, ermutigenden, aber auch hinterfragenden Gegenüber, kann dieses Gespräch auf Augenhöhe bieten; wie wohl in keiner anderen Form der Therapie.

NARM ist keine lösungsorientierte Therapie

Bei NARM geht es nicht um eine schnelle Problembeseitigung. Es geht nicht darum, alte Verhaltensmuster durch neue, schöne Lösungen zu ersetzen. Es hat ja einen Grund, warum man sich bisher so verhalten hat, auch wenn es störend und schädlich war. Bei diesem Verhalten handelt sich um eine frühkindliche Überlebensstrategie, eine Anpassung an etwas, um nicht „ausgestoßen“ zu werden. Es ist zwar möglich, in eine neue Richtung zu gehen und alte Verhaltensweisen kognitiv zu ändern, aber das tiefsitzende alte Glaubensmuster mit der Grundüberzeugung „Ich muss mich anpassen, sonst werde ich ausgestoßen“ ist tief verankert; nicht nur im Gehirn, sondern im gesamten Körper. Es wirkt unbewusst weiter, denn die alte Angst ist nicht aufgelöst. Wenn ich also jetzt einfach nach Süden gehe statt bisher nach Norden, im übertragenen Sinn, ist das zwar möglich, aber es ist anstrengend und widerspricht meiner tiefen inneren Überzeugung. Durch diesen ‚Zwang‘ entsteht ein innerer Widerstand, ein schlechtes Gewissen oder ein schlichtes Körpergefühl, da die tiefe innere Überzeugung  immer noch wirkt. Zwar will man einen anderen Weg gehen, aber es gibt auch etwas Unbewusstes, das einen davon abhält. Aus diesem Grund geht es bei der Arbeit mit NARM nicht um das Finden von Lösungen, sondern um das Erforschen und Bearbeiten der Triebfeder, die hinter der bisherigen Anpassungsstrategie liegt. Diese Triebfeder, „Ich muss mich anpassen, sonst werde ich ausgestoßen“, macht den Widerstand aus, die Blockade, einen neuen, einfacheren Weg zu gehen. Wir beschäftigen uns in der Therapie mit diesen Triebfedern, dem Widerstand und den Blockaden, statt Lösungen zu suchen. Und erst wenn dieser Widerstand aufgegriffen und erforscht wurde, kann die Veränderung von innen heraus und ohne große Energie und Anstrengung erfolgen.

Was ist dein Wunsch für diese Sitzung?​

Dies ist eine Frage, die ich meinen Klient*innen oft zu Beginn einer Sitzung stelle. Damit gemeint ist ein tieferer Wunsch auf der Ebene des Seins, der nicht unbedingt realistisch sein muss. Dieser Wunsch wird später gemeinsam mit den Klient*innen hinterfragt, damit wir nicht auf diese Ebene des ‚besseren Funktionierens‘ gelangen. Wenn Klient*innen ein Ideal davon haben, wie sie sein sollten, bleiben sie im Entwicklungstrauma stecken. Damit wiederholen sich Glaubenssätze wie: „So wie ich bin, bin ich nicht okay“, „Ich muss eine Anpassungsstrategie entwickeln, um geliebt zu werden“, „Ich muss bescheiden sein oder mich anstrengen, um da sein zu dürfen“ oder auch: „Ich darf nicht vertrauen, ansonsten werde ich enttäuscht“, „Wenn ich authentisch bin, werden mich andere ablehnen“, „Ich muss besonders sein, um Liebe zu bekommen“. Hinter all dem steckt Entwicklungstrauma, eine Identifizierung mit diesen Glaubenssätzen und ein Bild davon, wie die Welt tickt und wie man sein oder nicht sein sollte. 

In der Therapie geht es darum, sich von solchen Identifizierungen mehr und mehr zu lösen und zu erkennen, was man wirklich für sich möchte, damit das Leben schöner und leichter wird. Was ist ein tiefer Wunsch für das eigene Sein? Vielleicht: „Ich möchte einfach selbstverständlich da sein können unter Menschen, so wie ich bin, mit mehr Leichtigkeit.“ Im weiteren Verlauf der Therapie geht es dann nicht mehr darum, Methoden und Strategien zu entwickeln, wie man plötzlich mehr Leichtigkeit bekommt, sondern darum, zu schauen, „Was kommt mir denn da in den Weg?“ Wir arbeiten dann mit diesen Blockaden, denn der Wunsch, den wir in der Sitzung erforschen, ist ja bereits tief in uns angelegt; er ist schon da, es ist quasi unsere Natur. Wir verstellen uns nur den Weg dorthin durch die eigene Grundüberzeugungen, die als frühere Anpassung sinnvoll waren, heute aber nicht mehr. Die Arbeit mit den unbewussten, alten Widerständen und deren Auflösung, körperlich und emotional, ist die eigentliche Basis für Neues. Die Triebfeder für diese Anpassungsstrategien muss erforscht werden, und damit beginnt die eigentliche Arbeit.

Anstrengung verhindert Kontakt

Die NARM® Methode: Wie frühkindliche negative Bindungserfahrungen und Traumata in der Praxis aufgelöst werden können.

Das scheinbar Paradoxe der NARM-Therapie ist ein „sich-nicht-Anstrengen“ und „nichts-erreichen-Wollen“ als Weg. Dadurch kommst du als Klient*in in Kontakt mit deiner wahren Natur, mit dir selbst. Wenn du dagegen eine Idee, eine Vorstellung hast, wie etwas sein sollte, wohin du willst, bist du letztendlich schon wieder von dir selbst abgeschnitten. Wenn du dich dagegen öffnest für das, was da kommt, kommst du in Verbindung mit dir selbst und alte störende Identifizierungen dürfen sich auflösen. Wenn wir hingegen lösungsorientiert sind, sind wir zu sehr im Denken und Wollen, und dabei werden die tiefen Schichten, um die es beim Trauma geht, vernachlässigt und ein weiteres Mal übergangen. Eine eher zielorientierte Therapieform, wie zum Beispiel die Verhaltenstherapie, ist vielleicht zunächst oberflächlich erfolgreich, aber das, was tief darunter liegt – das verzerrte Selbstbild – bleibt unberührt und wirkt weiterhin unbewusst, aber kraftvoll.  Bei NARM geht es darum, die tiefen Inneren, meist auf Scham basierenden selbstablehnenden Kräfte zu erreichen, zu erforschen und sich ihnen zu widmen – das führt zu Heilung. Diese Kräfte und Motive einmal zu erkennen und ihnen Raum zu geben, macht den Weg frei für Veränderung. Traumaheilung bedeutet, dass früher erworbene Muster – die Anpassung – zu erkennen und wertzuschätzen als eine damals wichtige bzw. die einzige Strategie für das Kind und damit sich selbst anzuerkennen und Frieden mit sich zu schließen. So kann eine innere Bereitschaft entstehen, das Muster langsam und vorsichtig aufzugeben, es aufzulösen. Dann müssen wir nicht mehr willentlich, also unter Anstrengung, nach Süden gehen, wenn wir bisher nach Norden gegangen sind. Es geschieht automatisch, weil wir mit unserem Inneren verbunden sind, und das gibt uns die Richtung vor, die der eigenen Natur entspricht. Die eigentliche Herzensrichtung, könnte man sagen.

Arbeit mit Emotionen

Wie bereits erwähnt, kommt den Emotionen in der körperorientierten Psychotherapie ein erheblicher Stellenwert zu. Dazu sollte erwähnt werden, dass ein*e ausgebildete*r NARM-Therapeut*in Klient*innen nicht in Emotionen drängt. Das heißt, es wird nicht versucht, aktiv Emotionen bei den Klient*innen zu erzeugen. Diese Eigenschaft von NARM ist zu betonen und unterscheidet sie von anderen therapeutischen Ansätzen. Folgendes muss man sich vor Augen führen: In den frühen belastenden Situationen der Kindheit waren es ja genau die Verletzungen, das Gefühl, abgewiesen zu werden, nicht da sein zu dürfen und vieles mehr, die nicht aushaltbar waren und zu einer Abspaltung von den eigenen Emotionen und vom Körper geführt haben. Die Emotionen und die damit verbundenen körperlichen Reaktionen hätten den kleinen Menschen überflutet und überfordert. Die damals sinnvolle Anpassung war: „Ich spüre meine Emotionen und meinen Körper nicht.“ Gleichzeitig hat aber genau das zur Abspaltung von Lebendigkeit, Leidenschaft, Energie und Leichtigkeit geführt, mitunter bis heute. Es ist also leicht vorstellbar, dass ein zu forsches Herangehen an die Emotionen und den Körper in solchen Fällen die Klient*innen auch heute überfordern würde. Daher ist wichtig, dass der*die Therapeut*in sehr feinfühlig und in angemessener Geschwindigkeit die Emotionen mit den Klient*innen erforscht. Viele Klient*innen müssen durch Unterstützung des*der Therapeut*in überhaupt erst einmal lernen, ihre Emotionen zu halten und diesen Raum zu geben, um so zu erfahren, dass Emotionen sie heute nicht mehr überwältigen werden, sondern auszuhalten sind, auch wenn es unangenehm werden kann. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Auflösung des alten Traumas und eines der zentralen Anliegen der Arbeit mit NARM. Die meisten Betroffenen sind bisher über die als unangenehm empfundenen Emotionen hinweggegangen, aus Angst vor einer Überflutung, also aus Selbstschutz, der ja früher sehr wichtig war.

Wir können jedoch nicht ein Leben lang vor unangenehmen Emotionen davonlaufen. Irgendwann müssen wir uns ihnen stellen, zumindest wenn wir innere Blockaden auflösen wollen.

Es geht bei der Arbeit mit Emotionen in NARM darum, bisher verdrängte Emotionen halten zu lernen. Dann kann sich emotional etwas auflösen, bewegen und verändern. Ein weiteres ‚Knötchen‘ geht vielleicht auf und daraus erwächst neue Energie, Freude, Lebendigkeit, Lebenskraft, Zuversicht, und die Persönlichkeit als Ganzes kann wachsen und sich weiterentwickeln.

Die Rolle von Emotionen in frühen und pränatalen traumatischen Erlebnissen

Die NARM® Methode: Wie frühkindliche negative Bindungserfahrungen und Traumata in der Praxis aufgelöst werden können.

Eine Frage, die von Klient*innen aufkommen könnte, ist, wie man mit nicht erinnerbaren, sehr frühen und auch pränatalen Traumata arbeitet. Die Antwort lautet: Man muss nicht an die Erinnerungen herankommen, da die alten gebundenen Emotionen und nicht freigewordenen Energien in der aktuellen Lebenslage spürbar und erlebbar sind. Klient*innen, die sich psychotherapeutische Hilfe suchen, leiden nicht am Trauma selbst, sondern an den Folgen des Traumas. Man könnte sagen, dass die alten inneren Erlebnisse in heutigen Situationen reaktiviert werden. Natürlich nehmen wir das nicht direkt als altes Erleben wahr. Vielleicht aber spürt man, dass man in einer Situation über das Maß verletzt ist. Auf einmal taucht der gesamte Koffer von Verletztheit, Scham, Schuldgefühlen usw. auf. Wir bemerken es nicht im Detail, aber da ist etwas, was uns nachhängt und einen Beigeschmack hat. Man grübelt über die Situation und weiß nicht recht, was mit einem los war. Und weil es unangenehm ist, warten wir darauf, dass es schnell wieder weggeht. Dies geschieht dann meist nach einer Weile zum Glück auch. Die eigentlichen Emotionen aber bleiben weiterhin unbearbeitet. In einer NARM-Therapie geht es dann darum, genau dieses Gemenge von Gefühlsnebeln und unangenehmen Körperreaktionen aufzugreifen und zu verdauen. Diese Arbeit geschieht in kleinen Schritten. Der*die Therapeut*in geht hierbei sehr behutsam vor, da der*die Klient*in in eine sehr frühe kindliche Erlebniswelt eingetaucht ist und diese mit dem Heute vermengt.

Diese Therapiesituation kann oft überfordernd sein und Angst auslösen. Deshalb arbeitet man als Therapeut*in oft eher mit der Aufarbeitung der Denkprozesse einer konkreten Situation und fokussiert sich auf die angenehmen und für die Stärkung des*der Klient*n hilfreichen Emotionen, bevor es später im fortgeschrittenen Therapieprozess auch um die belastenden Emotionen geht. Irgendwann ist es an der Zeit, sich den verdrängten Emotionen zu stellen. Das ist meist erst einmal unangenehm, aber dann darf man feststellen, dass es einen nicht aus der Bahn wirft, dass man die Emotionen in sich halten kann und nichts Schlimmes passiert.

Beim Halten der Emotionen kann es dazu kommen, dass sich von selbst etwas in der eigenen emotionalen Gemengelage verändert, sich etwas auflöst und Neues entsteht. Dadurch geht auch im neuronalen System etwas auf. Die alten verdrängten Emotionen dürfen sein, was als Kind unmöglich war, weil es überwältigend gewesen wäre. Die alte Identifizierung, das alte Selbstbild und die alte Anpassung können sich auflösen.

Emotionale Vervollständigung

Bei der emotionalen Vervollständigung geht es zunächst darum, dass wir uns unserer Emotionen bewusstwerden und uns ihnen stellen. In kleinen Schritten geht man in der Therapie in die Emotionen. Klient*innen erfahren so, dass sie ihre schwierigen Emotionen halten können, indem der Therapeut*in langsam und subtil in überschaubaren Schritten vorgeht, die für die Klient*innen ertragbar sind.

Dann geht es darum, zu erkunden, welches Bedürfnis eigentlich hinter der Emotion steht. Hinter einer Emotion steht immer eine Botschaft, ein Bedürfnis, und das herauszuarbeiten ist ein nächster wichtiger Schritt. Ansonsten bleibt man wieder in der Emotion stecken und erlebt an der gleichen Stelle immer wieder dasselbe, weil die Emotion noch keine Bedeutung bekommen hat und damit nicht auf etwas gerichtet ist. Man könnte auch sagen, dass die Emotion immer wieder ins Leere läuft über die Jahre. Wenn Klienten*innen immer traurig oder immer wütend sind, gilt es gemeinsam zu erkunden, auf wen oder was diese Emotion gerichtet ist, um sie dadurch zu vervollständigen.

Was sind Standardemotionen?

Die NARM® Methode: Wie frühkindliche negative Bindungserfahrungen und Traumata in der Praxis aufgelöst werden können.

Oft ist es so, dass hinter der zunächst wahrgenommenen Emotion eine noch tiefere, ganz andere Emotion steckt. Die meisten Menschen haben ihre Standardemotion, könnte man sagen, mit der sie auf die meisten Situationen reagieren. Der Kontakt mit dieser Standardemotion ist aber nicht der wirkliche Schritt zur Auflösung des Alten.

Es geht mehr um die tiefen, verdrängten Emotionen, die hinter der Standardemotion verborgen sind. Ein einfaches Beispiel: Hinter Traurigkeit steht oft eine sich selbst verbotene Aggression und damit unterdrückte Lebensenergie. Wenn es dann mithilfe des*der Therapeut*in gelingt, dass diese Aggression nicht als vernichtende Energie und oberflächliches Abreagieren ausrangiert wird, spürt man oft regelrecht neue Energie im Körper und eine positive Kraft zur Selbstbehauptung, Abgrenzung und dazu, nein zu sagen. Wenn der*der Therapeut*in stattdessen bei den Tränen bleibt und glaubt, dass die Arbeit damit getan ist, bleibt die Quelle dieser Tränen unentdeckt und versiegt nicht. Ein anderes Beispiel: Hinter Aggression steht oft Traurigkeit, manchmal ganz tiefe Traurigkeit. Wenn die Emotionen dann durchgearbeitet sind, entsteht ein neues Stück Verbundenheit und Kontakt mit sich selbst. Dies ist oft verbunden mit einem sehr wohligen Körpergefühl.

Es geht also nicht um das Ausagieren der Emotion, wie Schreien und auf einen Boxsack einschlagen. Das Ausagieren geschieht hier meist lediglich auf einer muskulären Ebene und man erschöpft sich selbst. Dies führt zwar zu einer punktuellen Erleichterung, die durchaus sinnvoll sein kann. Der eigentliche Motor der Emotion, die tiefe Triebfeder, ist aber weiterhin aktiv und wartet nur auf den nächsten Auslöser. In der Arbeit mit Entwicklungstraumata geht man tiefer. Das Halten der Emotion führt nicht zur Erschöpfung, sondern zu einem Zugewinn an Energie.

Die spirituelle Seite der NARM-Therapie

Laurence Heller, der Vater der NARM-Methode, drückt ihren spirituellen Aspekt folgendermaßen aus: In jedem Menschen gibt es diese natürliche Sehnsucht und Tendenz nach Verbindung und Verbundenheit, Verbindung mit sich selbst und Verbindung mit der Welt. Außerdem liegt der Methode die Überzeugung zugrunde, dass in jedem Menschen ein ganz heiler und gesunder Kern existiert. Diese Überzeugung gibt den Therapeut*innen übrigens eine sehr gelassene Grundhaltung, die bei dieser Arbeit sehr wichtig ist. Als NARM-Therapeut bin ich überzeugt davon, dass jeder Mensch natürliche Selbstheilungskräfte hat, um diesen gesunden Kern in sich zu entdecken. Es geht in der Therapie darum, diese Selbstheilungskräfte zu aktivieren und die Klient*innen in diesen zu unterstützen. Ein weiterer spiritueller Aspekt von NARM ist, dass man über diese Methode einen Zugang finden kann, eins zu sein mit sich selbst, mit der eigenen inneren Welt. Das Verbundensein mit sich selbst bringt innere Erfüllung, Sinn, Orientierung, und aus dieser inneren Haltung heraus geht man in echten und guten Kontakt mit der eigenen Umwelt. Auch Selbstliebe ist dann kein abstrakter Begriff mehr, sondern dieser Zustand wird zum natürlichen und normalen Zustand, von dem wir uns leider sehr früh, des Entwicklungstraumas wegen, abgeschnitten haben.

Diese Darstellung von NARM soll kein Wirkversprechen sein. Ich selbst habe in meiner Arbeit mit Klienten*innen sowie in Gesprächen mit Kolleg*innen immer wieder von diesen Erlebnissen gehört und kenne gerade dieses Gefühl des fried- und freudvollen in-sich-Ruhens aus eigener Erfahrung sehr gut. Mich beeindruckt bei der Arbeit mit NARM immer wieder, dass wir nicht pathologisieren, die Klien*innen nicht als krank betrachten, sondern ihre Muster als damals sinnvolle Anpassung sehen. Dies eröffnet Chancen: Chancen auf Veränderung 

Möchtest du mehr über meine Arbeit erfahren, dann kontaktiere mich gern ganz unverbindlich zur einem kostenlosen Kennenlerngespräch.